Bauaufgabe: Erweiterung der ehemaligen Goldleistenfabrik um einen Neubau mit Ateliers und einem Ausstellungsraum
Standort: Gaußstraße 60, 22765 Hamburg-Altona
Bauherr: Kulenkampff Heym Zimmermann Schötker Sanz GbR, Hamburg
Mitarbeiter Architekturbüro: C. Schallert, M. Marx
Tragwerksplanung: Cornelius Back, Lübeck
Konstruktion / Material: BetonFertigteilbauweise; Doppelfiligranwände mit Kerndämmung, Filigrandecken, Ortbetonstützen, Fertigteil balkone, Aluminiumfenster, Fichtendielen
Baufertigstellung: 09/2016
Fotos: Stephan Baumann, Karlsruhe
Ein fünfgeschossiger Kopfbau aus Sichtbeton ergänzt den Torso der ehemaligen Goldleistenfabrik in der Gaußstraße in Altona. Auf ca. 500 qm entstanden Ateliers zur Ergänzung der Flächen des Bestands. Der neue Baukörper schließt die im Krieg entstandene Baulücke, die durch Zerstörung des Mittelteils der Fabrik entstand, nicht in Gänze. Eine Wiederherstellung des ehemals geschlossenen Blocks war nämlich aus mehreren Gründen nicht gewünscht. Zum einen sollten die ungleichen Flügel der ehemaligen Gesamtanlage – die sich inzwischen erheblich unterscheiden – nicht baulich verbunden werden. Im stark überformten Nachbargebäude, einem Teil der ehemaligen Fabrik, wird inzwischen ausschließlich gewohnt. Zum anderen sollte sich der Hofraum weiterhin durch die Lücke nach Süden zur Gaußstraße öffnen. Das zeitgemäße Material Beton soll Ergänzung, aber auch Weiterbauen thematisieren. Neubau und Baulücke befinden sich genau im Knick der Gaußstraße. Durch seine um ein Geschoss überhöhte kompakte Baumasse wirkt der Neubau daher aus beiden Richtungen als Gelenk und visueller Endpunkt des Straßenraums. Un behandelte hölzerne Dielenböden und wenige weiß gespachtelte und gestrichene Wände stehen im Kontrast zum vorherrschenden Material Beton.
ppp architekten + stadtplaner gmbh
Das Atelier an der Gaußstraße ist genau das, was sein Titel sagt. Es ist ein Atelierhaus im besten Sinne: Es besitzt Räume, die über ein Übermaß an lichtdurchflutetem Raum und ein Mindestmaß an Struktur verfügen. Hier kann gedacht, gelebt und produziert werden. Das Atelierhaus besteht aus zwei Teilen, dem Torso der Goldleistenfabrik Altona aus dem Jahr 1900 und einer zeitgenössischen Ergänzung. Während sich der Altbau und die Ergänzung auf den ersten Blick durch das Material unterscheiden – Backstein versus Sichtbeton, Sprossenfenster versus großflächige Verglasung – sind sie doch strukturell aus einem Guss. In Grundriss, Fassade und Struktur werden die gliedernden Elemente des Bestandes feinsinnig weitergebaut. Der Neubau ist selbstbewusst als plastisches Element im Stadtraum gedacht, er füllt nicht einfach die durch den Kriegsschaden gebliebene Lücke, sondern fügt der Fabrik ein überhöhtes Eckgebäude hinzu, es leitet hinter die Bauflucht der sich krümmenden Gaußstraße. Hier liegt der Werkhof – der adäquate Außenraum des Atelierhauses, der öffentlich zugänglich ist und in seiner bestimmten Unbestimmtheit ein gebautes Bild der kreativen Klasse ist. Die Atelierräume werden über eine im Innenhof platzierte Infrastruktur – einen neuen robusten Laubengang aus Sichtbeton mit grandiosem Blick über die Bahn – verbunden. Dem Projekt gelingt es durch die kluge Platzierung von zwei Objekten – Eckkörper und offene Struktur – den Archetyp des Atelierhauses mit Werkhof in der Stadt zu manifestieren.
Die Jury